Band 3

Oliver Stoll, Zwischen Integration und Abgrenzung: Die Religion des Römischen Heeres im Nahen Osten.
Studien zum Verhältnis von Armee und Zivilbevölkerung im römischen Syrien und den Nachbargebieten,
St. Katharinen 2001, V + 703 Seiten (Leinen)
ISBN 3-89590-116-4

Die Untersuchung hat sich zum Ziel gesetzt, durch die Betrachtung der Religion des Römischen Heeres im Nahen Osten für den Zeitraum der Römischen Kaiserzeit die These von der Armee als „geschlossener Gesellschaft“ zu widerlegen und stattdessen ein Bild zu zeichnen, das nach dem Studium unterschiedlichster Quellengattungen aus dem Bereich der Epigraphik, Numismatik, Papyrologie und Archäologie, nur als Symbiose zwischen Armee und Provinzialgesellschaft beschrieben werden kann.
Das Verhältnis von Armee und Gesellschaft ist dabei weitaus komplexer, als es eine generelle Erfassung mittels des genannten soziologischen Konzeptes einer ‘total institution’ zuließe. Integration spielt auch im Bereich der Kulte und Religionen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen Armee und Zivilbevölkerung eine größere Rolle als Abgrenzung, die nur bei einer ausschnitthaften Betrachtungsweise gegeben zu sein scheint. Die „Religion des Römischen Heeres im Nahen Osten“ beschreitet hier in mehrfacher Hinsicht neue Wege. Methodisch gesehen wurde versucht, Kultebenen herauszuarbeiten und zu definieren, die von einer Offiziellen Heeresreligion, welche mit einem Hauptgewicht auf dem Kaiserkult in wesentlichen Punkten der Staatsreligion entspricht, bis zu Kulten des Bereiches der privaten Religiosität der römischen Militärangehörigen reichen. Letztere sind in starkem Maße von der Zivilbevölkerung der Provinzen und Militärstandorte oder Einsatzorte und deren Kulten geprägt und belegen Integration und die Bindung an das jeweilige zivile Umfeld der Garnisonsstädte und Stationierungsprovinzen.
Das numismatische Material, das für die Frage nach dem Verhältnis von Garnison und Stadt höchst aussagekräftig ist, war bisher weder gesammelt, noch interpretiert worden und wurde in der vorliegenden Untersuchung - neben dem inschriftlichen Material, das ebenfalls bislang weitgehend disparat publiziert ist - erstmalig umfassend zur Auswertung herangezogen. Diese Sammlung und ihre Auswertung führt zu dem Resultat, daß hier, bedingt durch die Stationierungssituation und die räumliche Nähe von Militär und Zivilbevölkerung, zumindest in den Städten und städtischen Siedlungen mit Militärpräsenz, deutlich ein Nahverhältnis entstand, das in allen Quellengattungen seinen Ausdruck findet.